"Wearable Computing": ETH-Forscher erobern futuristische Dimensionen
Mona Lisa lächelt im Louvre, vis-á-vis hängen wertvolle Tizians, drei Räume weiter finden sich weltberühmte Rembrandts. Vor lauter Bilder und Eindrücken sieht oder findet manch einer das Kunstwerk nicht mehr. "Wearable Computer" sorgen hier für Abhilfe - Seite an Seite mit ihren Trägern erkennen sie augenblicklich, was die menschlichen Begleiter sehen und hören. ETH-Informatiker bringen Besucher der Orbit / Comdex 2000 in Basel auf den neuesten Stand des Wissens.
Bild 4: Wissenszuwachs Schritt auf Tritt, zum Beispiel im Museum: ETH-Informatiker führen an der Orbit / Comdex Europe 2000 ein Modell eines "Wearable Computers" der modernsten Art vor. (Bild J. Lindenmeyer, ETH Zürich). Hochauflösende Version.
Noch werden Personalcomputer (PCs) ihrem Namen nicht gerecht. Den grössten Teil des Tages verbringen diese Geräte auf dem Pult eines Büros und nützen ihren Benützern nur für einen meist relativ kurzen Abschnitt des Tages. Laptops tragen hier zur Entlastung bei. Sie werden laufend kleiner, haben weniger Gewicht, die Benutzer somit mobiler. Trotzdem bleibt die Bedienung auch eines Laptops eine relativ statische Angelegenheit. Mit Wearable Computern wird alles anders.
Nomen est omen
Ein Personal Computer sollte, wortwörtlich genommen, auf Mann oder Frau getragen werden - wie eine Brille oder Kleider. Der Informationshungrige trägt seine Ration Technik stets auf sich: Unauffällige Sensoren, Displays auf Kopfhöhe sowie lokale kabellose Netzwerke sorgen dafür, dass genügend Rückmeldungen zum Benützer gelangen. Die Vision wird damit definitiv zur Wirklichkeit: Der Mensch erhält ein intelligentes Pendant. Im Stile einer tragbaren Computervorrichtung begleitet er die Mitglieder der heutigen Informationsgesellschaft Schritt auf Tritt. Das Besondere am künstlichen Begleiter: er sieht die Welt wie mit menschlichen Augen. Er sieht und hört, was wir sehen. Er analysiert, modelliert und erkennt Objekte und Menschen, die einen umgeben. Er liefert also Informationen quasi aus erster Hand: Das Computersystem registriert sekundengleich Objekte, die momentan im menschlichen Blickfeld sind. Doch damit noch nicht genug: Das System listet auch noch all jene Informationen auf, die in diesem Moment mit diesem Thema in Verbindung gebracht wurden - eine Form von synchronem Mitdenken seitens des Computers.
Schlüsselfaktor Kontext
Die grosse Herausforderung ist das Umfeld, in der sich der Benützer von "Wearable Computer"-Vorrichtungen bewegt. Hauptsächlich geht es darum, diese Rahmenbedingungen möglichst identisch nachzubilden beziehungsweise für das System erkenn- und verarbeitbar zu machen. Das Ziel ist ein nahtloses Zusammenspiel zwischen Computer und dessen menschlichem Anwender. An der Orbit 2000 zeigen die Forscher des Instituts für Wissenschaftliches Rechnen der ETH Zürich eine Helm-Kamera, die laufend die das visuelle Umfeld der Testpersonen sichtbar macht. Eine spezielle Visualierungssoftware zeigt im Real-Time-Verfahren - das heisst in einer 1:1-Variante -, was das Auge des Helmträgers im Moment registriert. Das sogenannte DyPers-System ("Dynamic Personal Enhanced Reality System) basiert auf einem audio-visuellen Lernsystem, das sein Wissen ständig anreichert.
Zum Beispiel: Der lernfähige Museumführer
Wer hat dieses Kunstwerk gestaltet? Wie heisst dieses Bild? Museen sind eine Augenweide: Bilder, Statuen, Exponate begegnen dem Besucher am Laufmeter, dazu Fakten und Daten in rauhen Mengen. Eine konkrete Anwendung für einen "Wearable Computer" ist ein mit Sensoren bestücktes Computer-Erkennungssystem in Form einer Mini-Kamera auf dem Kopf eines Museumsbesuchers. Als intelligenter, computerisierter Museumsführer registriert es in Form von kurzen Video- und Audioclips auch sämtliche Erklärungen von Experten im Rahmen von geführten Ausstellungsbesichigungen. Diese bildlich gespeicherten Erkenntnisse können jederzeit abgerufen werden, wenn der Besucher dem betreffenden Bild wieder begegnet. Doch damit noch nicht genug: Der interessierte Laie kann auch via Database des Museums seine Suche nach bestimmten Werken eines Künstlers vertiefen. Das System vergleicht einfach die vorhandenen Informationen mit dem elektronischen Inventar des Museums und zeigt beispielsweise auf, wo im Museum noch weitere Bilder desselben Künstlers hängen beziehungsweise wo sich vergleichbare Kunstobjekte (aus derselben Epoche, Stilrichtung etc.) befinden.
ETH-Wissensplattform an Orbit
Nebst Anwendungsbeispielen von "Wearable Computing" zeigt die ETH Zürich auf ihrem Messestand an der IT-Fachmesse Orbit / Comdex Europe 2000 in Basel (Halle 1, Stand 21 und 23) auch eine Software zur virtuellen Platzierung von Mobilfunkantennen. Der Messeauftritt der ETH Zürich befindet sich in unmittelbarer Nachbarschaft zum Stand des Schweizerischen Nationalfonds. Aktuelle Informationen zu den ETH-Projekten sind auch über Internet verfügbar: http://www.orbit.ethz.ch/
Zürich, 1. August 2000 / AOA xx / mb / rw
Für weitere Auskünfte steht Ihnen zur Verfügung:
Prof. Bernt Schiele
Projektleiter Wearable Computing
Institut für Wissenschaftliches Rechnen
ETH Zentrum
CH-8092 Zürich
Tel. +41 (0)1 632 06 68
Fax +41 (0)1 632 15 96
schiele@inf.ethz.ch
www.vision.ethz.ch/schiele
Bild 1:
Download des Bildes «Wearable Computers» im EPS-Format: wearable.eps [4857 KB] Bildlegende:Wissenszuwachs Schritt auf Tritt, zum Beispiel im Museum: ETH-Informatiker führen an der Orbit / Comdex Europe 2000 ein Modell eines "Wearable Computers" der modernsten Art vor. (Bild ETH Zürich |
Orbit-Auftritt
der ETH Zürich
Verantwortlich
E-Mail: lindenmeyer@inf.ethz.ch
Last update: 6.Aug.2000 (jl)